Ehrenamt im Handwerk
Interviews mit Vorstandsmitgliedern
Unsere Vorstandsmitglieder im Gespräch über Ehrenamt, Tradition, Verantwortung und Zukunft des Handwerks.

Die Vorstandsmitglieder geben persönliche Einblicke in ihr Engagement im Ehrenamt, ihre Verbindung zu Tradition und Wandel sowie ihre Visionen für die Zukunft des Handwerks. Authentisch, nahbar und zukunftsorientiert – so zeigen sie, wie sie die Interessen des Handwerks aktiv gestalten. Im Folgenden lesen Sie Interviews mit den Gesichtern hinter der Handwerkskammer Münster.
Jürgen Kroos
Jürgen Kroos ist im Dezember 2024 von der Vollversammlung der Handwerkskammer Münster zum Präsidenten gewählt worden. Er setzt auf Kommunikation und Kooperation.
DHB: Herr Kroos, warum Handwerk?
Kroos: Handwerk ist für mich faszinierend, weil es ab Ausbildungsbeginn so viele unterschiedliche berufliche Laufbahnen und Karrieren ermöglicht. Ich bin dafür ein Beispiel. Auf den Tag genau 25 Jahre vor meiner Amtseinführung als Präsident der Handwerkskammer habe ich am gleichen Ort, im HBZ Münster, meine Meisterprüfung im Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk abgelegt. Damals hätte ich nie gedacht, dass ich einmal als Präsident dort stehen würde. Aber das zeigt, was das Handwerk ausmacht: Hier können Karrieren wachsen, hier kann man mit anderen zusammenarbeiten und hier wird die Basis für die Zukunft gelegt. Egal woher man kommt, mit dem Willen für sich und andere etwas zu bewegen, bietet das Handwerk große Chancen.
DHB: Was bedeutet für Sie »Ehrenamt«?
Kroos: Ehrenamtliches Engagement ist für mich eine Selbstverständlichkeit und gehört zu meinem Alltag als Unternehmer. Ich engagiere mich seit vielen Jahren als stellvertretender Obermeister der Kraftfahrzeuginnung, erst in Münster und jetzt in Coesfeld. Seit zwölf Jahren bin ich in Gremien der Handwerkskammer Münster aktiv, bin derzeit Mitglied im Vorstand des Verbandes des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen und setze mich als Rotarier für gesellschaftliche Zwecke ein. Mit ehrenamtlichen Aufgaben habe ich täglich zu tun, besonders als Präsident.
DHB: Was treibt Sie dabei an?
Kroos: In Sachen Ehrenamt bin ich Aktivist: Wenn man etwas Gutes tun kann, sollte man es
tun. Wenn man etwas verändern will, muss man an den möglichen Stellschrauben drehen und den Zugang zur Politik nutzen. Und das macht auch Freude.
DHB: Haben Sie einen Grundsatz, der Sie leitet?
Kroos: Ja – Tradition und Zukunft gehören zusammen. Als zehnter Präsident der Handwerkskammer seit ihrer Gründung im Jahr 1900 fühle ich mich sowohl der Bewahrung als auch dem Wandel verpflichtet. Tradition gibt uns Halt, aber es ist der Wandel, der uns voranbringt.
DHB: Was hat Sie an der ehrenamtlichen Spitzenposition bei der HWK gereizt?
Kroos: Ich möchte gern daran mitarbeiten, die Bedingungen für das Handwerk zu verbessern und die Interessen unserer Wirtschaftsgruppe im Dialog mit den politischen Instanzen einzubringen – direkt mit Ansprechpartnern und Abgeordneten unserer Regionen und indirekt über unsere Dachverbände auf der Landes- und Bundesebene. Meine Einstellung ist, dass wir die großen Aufgaben, die vor uns liegen, nur gemeinsam, als Team, meistern. In meiner Rolle an der ehrenamtlichen Spitze der Handwerkskammer sehe ich mich als Teil eines größeren Ganzen. Die Zusammenarbeit mit Ehrenamtsträgern und den hauptamtlichen Kräften der Handwerkskammer, aber auch bei Kreishandwerkerschaften und Innungen im Kammerbezirk finde ich spannend. Auch da erlebt man, dass das Handwerk eine höchst interessante Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe ist.
DHB: Welchen Tipp geben Sie Handwerkerinnen und Handwerkern, die überlegen, ob sie sich über ihren Beruf hinaus, auch ehrenamtlich engagieren könnten?
Kroos: Den Unternehmerinnen und Unternehmern kann ich aus Erfahrung sagen, dass sich ehrenamtliches Engagement in Prüfungsausschüssen von Innungen und bei der HWK auch positiv auf die Personalentwicklung im eigenen Betrieb auswirkt. Man bekommt viele wertvolle Impulse mit, die auch den Betrieb voranbringen. Das wäre ein guter Einstieg. Vielleicht gewinnt man dann auch Lust, im Vorstand einer Innung mitzuarbeiten. Außerdem, so meine ich, sollte man sich auch immer vergegenwärtigen, wieso man beruflich selbst soweit gekommen ist. Da waren andere, die einen aus- und weitergebildet, die einem das Know-how und das handwerkliche Können vermittelt haben. Ich sehe darin eine Verpflichtung, all das auch an die nachfolgende Generation weiterzugeben, so wie es im Handwerk gute Tradition hat.
DHB: Was sind Ihre Ziele für die klassischen ersten hundert Tage im Amt?
Kroos: Mir ist es ein Anliegen, die Zusammenarbeit und Kommunikation weiter zu stärken. Innerhalb unserer Kammergremien, mit unseren Partnern in der Region sowie auf Landes- und Bundesebene will ich die Verbindung und den Austausch suchen. 2025 ist ja auch ein besonderes Jahr: Wir begehen das 125. Jubiläum. Das ist ein guter Anlass, den Nutzen der Handwerkskammer als Selbstverwaltungsorganisation erneut ins Bewusstsein zu bringen.
DHB: Ihre Amtszeit wird bis Dezember 2029 dauern. Was wäre dann idealerweise anders als jetzt?
Kroos: Meine Vision ist es, dass unsere Mitgliedsbetriebe die Handwerkskammer noch stärker als ihr Servicezentrum wahrnehmen – als einen Ort, der sie unterstützt, fördert und voranbringt. Gleichzeitig möchte ich, dass wir in der Politik und Gesellschaft eine noch kraftvollere Stimme werden. Das Handwerk muss mehr gehört werden. Die Digitalisierung – Stichworte Künstliche Intelligenz –, Fachkräftegewinnung und die Notwendigkeit von mehr Nachhaltigkeit bedeuten Herausforderungen. Die Handwerkskammer ist bei deren Bewältigung Partnerin der Betriebe. Das bedeutet, sie muss sich auch selbst ständig weiterentwickeln. Ein Höhepunkt wäre natürlich die Inbetriebnahme unseres modernisierten und erweiterten Bildungszentrums in 2029.
DHB: Was wünschen Sie sich von der Politik?
Kroos: Erstens die gesetzliche Festschreibung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Hier ist schon viel passiert, wir sind aber immer noch nicht da, wo wir hinwollen. Zweitens stabile politische Verhältnisse. Drittens, dass nach der Bundestagswahl auf den Tacho geguckt wird und die politische Gestaltungskraft schnell Fahrt aufnimmt. Wir müssen zügig aus dem Stillstand raus.

Download
Josef Trendelkamp
Der Feinwerkmechanikermeister, Luft- und Raumfahrtingenieur und Master of Business Administration Josef Trendelkamp aus Nordwalde ist im Dezember von der Vollversammlung der Handwerkskammer Münster zum Vizepräsidenten seitens der Arbeitgebervertreter gewählt worden. Er will durch sein Wirken in dieser ehrenamtlichen Funktion dazu beitragen, Tradition und Innovation im Handwerk besser aneinander zu koppeln.
DHB: Herr Trendelkamp, Ihren Namen kennen viele in der Handwerksorganisation schon beziehungsweise noch: Ihr gleichnamiger Vater war von 2014 bis 2019 ebenfalls Vizepräsident und fast zwei Jahrzehnte in der Vollversammlung und im Vorstand der HWK Münster aktiv. Welchen Einfluss hat sein Engagement auf Ihre Kandidatur für diese Ehrenämter genommen?
Trendelkamp: Mit dem Selbstverständnis des ehrenamtlichen Engagements für das Handwerk bin ich aufgewachsen. Mein Vater hat mir dessen Wichtigkeit vorgelebt. Ich kannte es nicht anders. Auch wenn wir den gleichen Namen haben, bin ich doch eine andere Person. Ich möchte inhaltlich eine eigene Form und Tiefe in meinem Handeln hinterlassen.
DHB: Was bedeutet für Sie »Ehrenamt«?
Trendelkamp: Ich schätze es sehr, wenn Menschen sich ehrenamtlich engagieren. Ehrenamt bedeutet für mich, sich zusätzlich zum Arbeits- und Familienalltag für eine Sache einzusetzen, sich zu engagieren. Ehrenamt, sei es für Soziales oder auch für die Selbstverwaltung einer Wirtschaftsgruppe, ist in einer Gesellschaft notwendig.
DHB: Welchen Tipp geben Sie Handwerkerinnen und Handwerkern, die überlegen, ob sie sich über ihren Beruf hinaus, auch ehrenamtlich engagieren könnten?
Trendelkamp: Bei Interesse an einem Ehrenamt, gilt es zunächst den für sich passenden Bereich ehrenamtlichen Handelns zu finden. Ich würde raten, sich zu fragen: »Was ist relevant?« Beruflich kann man täglich einhundert Prozent geben, aber vielleicht stellt man sich auch die Frage, ob es noch etwas anderes gibt. Es ist zudem nicht leicht, Prioritäten zu setzen, aber es ist ein tolles Gefühl, anderen zu helfen oder etwas zu bewegen. Ein Ehrenamt belohnt an sich, wenn man jemandem etwas Gutes tut. Und manchmal findet einen auch das Ehrenamt. Im Handwerk gibt es viele Möglichkeiten sich einzubringen, in anderen Bereichen natürlich auch.
DHB: Was treibt Sie bei Ihrem Einsatz an?
Trendelkamp: Wir als Gesellschaft müssen die Ärmel hochkrempeln und mehr tun. Wenn wir unseren hohen Lebensstandard behalten und nachhaltiges Wirtschaften weiter voranbringen wollen, müssen wir genau jetzt daran arbeiten. Ich meine, es könnte im Ehrenamt innerhalb der Handwerksorganisation, aber auch außerhalb davon mehr sein.
DHB: Haben Sie einen Grundsatz, der Sie leitet?
Trendelkamp: Für mich ist es wichtig, unvoreingenommen zu sein, Dinge kritisch zu betrachten und die Gegebenheiten nicht einfach hinzunehmen. Meine Haltung ist grundsätzlich: Es muss doch eine Lösung geben! Auch wenn sie manchmal vielleicht nicht einfach ist. Es lohnt, sich die Zeit zu nehmen, um neu zu denken.
DHB: Sie haben sowohl einen Meistertitel als auch zwei Hochschulabschlüsse erworben. Das Handwerk fordert die politische Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Wie verhalten sich diese beiden Wege in Ihrem Alltag als Geschäftsführer eines international tätigen Handwerksunternehmens zueinander?
Trendelkamp: Gleichwertigkeit ist wichtig. Akademische und berufliche Bildung werden häufig als Gegensätze gegenübergestellt. Ich erlebe aber, dass sie sich sinnvoll ergänzen. Unsere Probleme müssen im Schulterschluss von akademischem und handwerklichem Wissen und Können gelöst werden. Mit Blick auf den beruflichen Alltag stellt sich die Frage, wo hört die Theorie auf und fängt die Praxis an? Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen verschmelzen die Grenzen oftmals.
DHB: Welche Anliegen sind Ihnen als Jüngster im Vorstand der HWK für die nachfolgenden Generationen besonders wichtig?
Trendelkamp: Alter spielt für mich keine Rolle. Aber sicher bringen Jüngere und Ältere unterschiedliche Sichtweisen und Stärken mit. Ich bin auch Mitglied im Verein Junioren des Handwerks Kammerbezirk Münster. Die relevanten Themen aus dem Blickwinkel der dort vereinten jüngeren Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Führungskräfte will ich in den HWK-Vorstand einbringen. Unseren Planeten lebenswert zu erhalten, steht bei der nachfolgenden Generation sicher ganz oben auf der Liste. Aus meiner Sicht geht es darum, gute Traditionen im Handwerk zu erhalten, diese aber auch mit Innovationen zu koppeln – wobei Innovationskraft natürlich traditionell auch zum Handwerk gehört. Für die anstehende Transformation müssen wir neue Wege gehen. Das betrifft Unternehmen, aber auch die Handwerkskammer. Für diesen Fokus interessiere ich mich, und ich will ihn auch gern einbringen.
DHB: Ihre Amtszeit wird bis Dezember 2029 dauern. Was wäre dann idealerweise anders als jetzt?
Trendelkamp: Noch arbeite ich mich in viele Themen ein. Wichtig ist mir eine Stärkung der Kommunikation und der Mut, Altes und Neues zu verbinden. Die großen Herausforderungen für unsere Handwerksunternehmen sind im Wesentlichen bekannt. Ich arbeite daran, etwas zu deren Meisterung beitragen zu können.
DHB: Was wünschen Sie sich von der Politik?
Trendelkamp: Das Handwerk ist politisch gut vernetzt. Ich wünsche mir dennoch mehr offene Ohren für die Themen des Handwerks und seiner Kammer in der Politik. Auch bei Politikerinnen und Politikern wäre mehr Mut gut, die wichtigen Themen für die Wirtschaft kraftvoller anzugehen. Es müsste auch noch mehr erkannt werden, dass das Handwerk und die kleinen und mittleren Unternehmen insgesamt das Rückgrat der Wirtschaft sind.

Download
Bernhard Blanke
Der Kraftfahrzeugmechaniker- und Kraftfahrzeugelektrikermeister Bernhard Blanke aus Warendorf engagiert sich seit drei Dekaden als Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer Münster auf Seiten der Arbeitnehmer. Er wurde im Dezember zum Vizepräsidenten wiedergewählt. Azubi-Wohnen und Berufsbildung liegen ihm besonders am Herzen.
DHB: Herr Blanke, Sie sind über den katholischen Sozial-verband Kolpingwerk zur ehrenamtlichen Mitwirkung in der Vollversammlung gekommen. Welche Haltung bringen Sie vor diesem Hintergrund in die Gremien ein?
Blanke: Mein Vater war schon sowohl Mitglied der Kolpingsfamilie als auch der Vollversammlung. Seine Tätigkeit hat mich dazu inspiriert, die Gemeinschaft im Kolpingwerk zu suchen und mich in der Arbeitnehmervertretung zu engagieren. Adolph Kolping hat seinem Werk die DNA des Handwerks eingeprägt; er bot Gesellen auf Wanderschaft Wohnraum. Den sozialen Charakter des Kolpingwerkes will ich in die Handwerkskammer tragen. Der Einsatz für gefördertes Azubi-Wohnen beispielsweise ist mir im Sinne der Kolpingtradition eine Herzenssache.
DHB: Die Arbeitnehmervertreter in der Vollversammlung der HWK kommen je hälftig vom DGB und vom Kolpingwerk. Gibt es zwischen beiden Gruppen unterschiedliche Positionen? Und wie finden Sie dann einen Konsens?
Blanke: Während die Mitglieder des Kolpingwerkes eine soziale Ausrichtung haben, liegt die Stärke des DGB im Eintreten für die Solidargemeinschaft, etwa bei Tarifverhandlungen. Wir ergänzen einander. In der Vollversammlung pflegen wir ein gesundes Miteinander und unterstützen uns mit einem »Wir-Gefühl«. Wir gestalten die uns betreffenden Dinge. Das gemeinsame Interesse ist die starke, sozialpartnerschaftliche Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handwerk.
DHB: Die Handwerksordnung gibt vor, dass ein Drittel der Vollversammlungsmitglieder Arbeitnehmer sind. Diese Besonderheit unterscheidet die Handwerkskammer von anderen Wirtschaftskammern. Was folgt daraus konkret?
Blanke: Das Handwerk besteht zum Großteil aus kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen. Das unterscheidet es von der Industrie mit vielen großen Unternehmen. Damit die Interessen der Arbeitnehmer unserer Wirtschaftsgruppe in die Selbstverwaltung einfließen können, werden ihre Vertreter in die Gremien der Handwerkskammer entsandt. Wir, ihre Repräsentanten in der Vollversammlung, verstehen uns als ihr Sprachrohr. Die Tarifautonomie auf Arbeitgeberseite liegt bei den Innungen. Die Handwerkskammer ist in dieser Hinsicht zur Neutralität verpflichtet. Wir Arbeitnehmervertreter sprechen uns im Rahmen unseres Engagements bei der HWK für die Stärkung der Tarifpartnerschaft aus. Wir plädieren für die Berücksichtigung der Tariftreue bei öffentlichen Ausschreibungen.
DHB: Bei Beschlüssen der Vollversammlung können die Arbeitnehmervertreter rein rechnerisch von den Arbeitgebervertretern überstimmt werden. Tatsächlich werden die meisten Beschlüsse in Münster aber mit sehr großer Mehrheit gefasst, wenn nicht sogar einstimmig. Wie kommt diese Einigkeit zustande?
Blanke: In der Regel folgt die Vollversammlung den Empfehlungen der Ausschüsse. Diese setzen sich aus ausgewählten Mitgliedern der Vollversammlung zusammen. Hier unterschiedet sich aber die Größe der beiden Gruppen: Im Berufsbildungsausschuss sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter paritätisch vertreten. Im Wirtschaftsförderungsausschuss kommen fünf Vertreter aus dem Arbeitnehmerlager und sechs aus dem der Arbeitgeber. In den Ausschüssen wird stets ein Konsens entwickelt, der der Vollversammlung empfohlen wird. Die Arbeitnehmerseite gewinnt also über die Arbeit in den Ausschüssen an Gewicht.
DHB: Was treibt Sie bei Ihrem Einsatz im Ehrenamt an?
Blanke: Die Freude an der Mitgestaltung ist mein Motor. Mein Verständnis von meiner Rolle entspricht dem »Klassensprecher«. Ich möchte an der Verbesserung der Bedingungen für die Kolleginnen und Kollegen im Kammerbezirk mitwirken. Wir müssen zusehen, dass das Handwerk wächst und genug Nachwuchs gewinnt.
DHB: Ihre Amtszeit wird bis Dezember 2029 dauern. Was wäre dann idealerweise anders als jetzt?
Blanke: Es wäre perfekt, wenn der Neubau mit Modernisierung des Bildungszentrums dann ganz oder schon nahezu abgeschlossen wäre. Meine Vision ist auch, dass die Bedeutung von Aus-, Fort- und Weiterbildung im Handwerk noch mehr in den Köpfen ankommt und die HWK als Dienstleister für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch mehr wahrgenommen wird.
DHB: Für die Vereinbarkeit von Beruf und Ehrenamt im Handwerk benötigen die Arbeitnehmer den Rückhalt ihrer Arbeitgeber. Ist dieser gegeben? Oder stellt das eher eine Herausforderung dar?
Blanke: Es kann im Einzelfall durchaus eine Herausforderung sein, wenn ehrenamtliches Engagement von Beschäftigten, das sich mit der Arbeitszeit überschneidet, nicht unterstützt wird. Ich wünsche mir dafür mehr Akzeptanz seitens der Arbeitgeber. Das Gewähren zeitlicher Freiräume wäre dann hilfreich. Es ist doch begrüßenswert, wenn sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Prüfungsausschüssen für die Nachwuchssicherung im Handwerk engagieren, oder auch beispielsweise bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv sind. Darauf kann ein Unternehmen auch stolz sein. Daher möchte ich gern an Arbeitgeber appellieren, ein Ehrenamt noch besser zu ermöglichen. Ich würde auch für eine bezahlte Freistellung kämpfen wollen.

Download
Arnd Neubauer
Der Handwerksunternehmer und Sachverständige Arnd Neubauer aus Marl ist Obermeister, Kreishandwerksmeister (Recklinghausen) und seit zwei Jahren Mitglied der Vollversammlung und des Vorstandes der Handwerkskammer Münster.
DHB: Herr Neubauer, was hat Sie dazu bewogen, neben Ihrer eigenen Dachdeckerei auch ehrenamtliche Aufgaben zu übernehmen?
Neubauer: Mir ist es wichtig, Flagge zu zeigen und das Handwerk als Ganzes nach außen zu vertreten. Das Ehrenamt gibt die Möglichkeit, unsere gemeinsamen Interessen sichtbar zu machen und mit Entscheidungsträgern ins Gespräch zu kommen.
DHB: Was bedeutet das Ehrenamt für Sie persönlich?
Neubauer: Ein Ehrenamt ist für mich eine Chance, Verantwortung zu übernehmen und etwas zu bewegen. Ich kann Impulse setzen, Netzwerke aufbauen und mitgestalten. Besonders schätze ich den Austausch mit anderen Gewerken – dadurch erweitert sich mein Horizont.
DHB: Was treibt Sie persönlich dabei an?
Neubauer: Ich bin mit Leib und Seele Handwerker. Für mich gibt es nichts Schöneres als den Dachdeckerberuf. Die Freude am Handwerk als Berufung möchte ich jungen Menschen näher bringen. Ich finde auch, wir Handwerker müssen Vorbilder sein.
DHB: Wie lässt sich das Ehrenamt mit Ihrer unternehmerischen Tätigkeit und Ihrer Familie vereinbaren?
Neubauer: Meine Eltern haben mir vorgelebt, wie ein Betrieb erfolgreich geführt wird. Als meine Frau und ich unser Familienunternehmen übernommen haben, entschieden wir uns bewusst, das Bürogebäude aufzustocken und darüber zu wohnen. So konnten wir Familie und Beruf sehr gut verbinden.
Unsere Kinder waren oft im Betrieb, haben hier sogar gespielt – sie kannten das von klein auf. Zwar konnten wir nie lange Urlaube machen, aber durch eine gute Zusammenarbeit hatten wir immer Familienzeiten. Ein starkes Team im Betrieb ist dabei entscheidend. Unsere 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter sechs im Büro, halten mir oft den Rücken frei. Ich setze auf Förderung und Eigenverantwortung: Der Chef muss auch mal entbehrlich sein. Das gibt mir Freiraum fürs Ehrenamt.
DHB: Gibt es besondere Momente, die Ihnen zeigen, dass Ihr ehrenamtliches Wirken einen Unterschied macht?
Neubauer: Ja, viele. Besonders beeindruckend finde ich, wenn ich erlebe, wie Zusammenarbeit das Handwerk stärkt. In der Kreishandwerkerschaft oder der Kammer sehe ich, dass sich gewerkeübergreifende Lösungen finden lassen. Das fördert den Teamgeist im Handwerk und macht uns als Wirtschaftsgruppe sichtbar.
Ein Beispiel: Das Ehrenamt ist ein Türöffner für Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern. Ein Termin beim Landrat oder anderen Verantwortlichen kann neue Möglichkeiten schaffen, um unsere Anliegen parteiübergreifend zu platzieren. Oft stoße ich dabei auf offene Ohren, was zeigt, dass unser Engagement wahrgenommen und geschätzt wird.
Die kleinen und mittleren Betriebe im Handwerk brauchen das gemeinsame Auftreten, wenn wir stark sein wollen. Das gilt besonders in meiner Heimat, dem nördlichen Ruhrgebiet. Bei den Berufsorientierungsmessen beispielsweise können die industriellen Großbetriebe mit ihrem Budget und personellen Ressourcen auf den ersten Standflächen auch groß auftreten. Das einzelne Handwerksunternehmen geht dort in der Wahrnehmung der Jugendlichen leicht unter. Mehr Gemeinschaftsstände des lokalen Handwerks würden unsere Präsenz deutlich verbessern.
DHB: Liegt Ihnen ein Thema besonders am Herzen?
Neubauer: Ja, die Energiewende. Unser Gewerk, das Dachdeckerhandwerk, spielt dabei eine zentrale Rolle – aber wir können es nicht allein stemmen. Heizungsbauer, Zimmerer, Maurer, Maler, Elektrotechniker sowie Garten- und Landschaftsbauer sind genauso gefragt. Energetische Sanierungen funktionieren nur im Zusammenspiel aller Gewerke. Dieses Bewusstsein müssen wir noch mehr fördern.
DHB: Ihre Amtszeit wird bis Dezember 2029 dauern. Was wäre dann idealerweise anders als jetzt?
Neubauer: Mein Wunsch wäre, dass das Projekt »Energie Booster« der Handwerkskammer erfolgreich abgeschlossen ist und Schulungen zur energetischen Gebäudetechnik fest etabliert sind. Wenn das Handwerk in diesem Bereich weiter vorangeht und Fachkräfte gezielt geschult werden, wäre das ein großer Erfolg.
DHB: Was wünschen Sie sich von Politik und Gesellschaft?
Neubauer: Das Handwerk verdient mehr Wertschätzung. Ich habe ja schon die »Energiewende« erwähnt. Wer diese umsetzen möchte, muss das Handwerk deutlich in den Fokus nehmen. Das erfordert Entlastungen des Mittelstands seitens der Politik. Das würde den Unternehmergeist beflügeln und gewiss auch Gründungen im Handwerk attraktiver machen.
Insbesondere jungen Menschen, die sich fürs Klima einsetzen wollen, rufe ich zu: »Kommt ins Handwerk! Hier könnt ihr wirklich etwas bewegen. Engagiert Euch bei uns nachhaltig für den Klimaschutz.« Generell muss viel mehr in Aus- und Weiterbildung investiert werden. Dafür wünsche ich mir mehr politisches Engagement.

Download
Michael Brüggemann
Der Bürokaufmann Michael Brüggemann ist in dem Münsteraner Handwerksbetrieb Fahrzeugfabrik F. Kiffe Söhne beschäftigt und vertritt die Interessen von Arbeitnehmern seit gut zehn Jahren auch in der Vollversammlung der Handwerkskammer Münster. Er war dort schon im Berufsbildungsausschusses und im Rechnungsprüfungsausschuss aktiv, zeitweilig in vorsitzender Funktion. Ende 2024 zog er per Wahl in den Vorstand ein.
DHB: Herr Brüggemann, was motiviert Sie zu einem Ehrenamt für die Arbeitnehmerschaft im Handwerk?
Brüggemann: Ich habe mich schon früh für die Gewerkschaftsarbeit interessiert und bin in die IG Metall eingetreten. Dann wurden über den Deutschen Gewerkschaftsbund engagierte und zuverlässige Ehrenamtler für das Handwerk gesucht. So bin ich in die Vollversammlung der Handwerkskammer gekommen. Es ist spannend, hier so viele Gewerke zu erleben, den eigenen Horizont zu erweitern und sich einzubringen.
DHB: Was treibt Sie bei Ihrem Einsatz im Ehrenamt an?
Brüggemann: Ich finde es toll, wenn man die Möglichkeit hat, sich für eine gute Sache einzusetzen. Es macht Spaß und man lernt dazu. Bei der Vorbereitung der Sachthemen kann ich auf die Fachleute der Handwerkskammer zurückgreifen. Das ist hilfreich.
DHB: Welche konkreten Anliegen bringen Arbeitnehmer in die Gremien der Handwerkskammer ein und wie vertreten Sie diese?
Brüggemann: Als Arbeitnehmervertreter in den Kammergremien ist es mir besonders wichtig, dass sich die HWK für die Berücksichtigung der Tariftreue bei der Auftragsvergabe seitens der öffentlichen Hand einsetzt. Es wäre wünschenswert, wenn nicht nur der Preis im Vergabeverfahren von Kommunen, Ländern und dem Bund zählt, sondern auch, ob die anbietenden Unternehmen qualifizierte Kräfte zu fairen Bedingungen einbringen.
DHB: Als Vorstandsmitglied sind Sie auch für das Wohl der Betriebe zuständig. Wie vereinen Sie diese beiden Seiten in Ihrem Wirken?
Brüggemann: Durch die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebervertretern wird der unterschiedliche Blickwinkel sehr deutlich: Ich als abhängig Beschäftigter trage keine unternehmerische Verantwortung. Wer selbst investiert, hat das Risiko. Diese beiden Perspektiven fließen stets in die Vorstandsarbeit der Handwerkskammer ein, weil dort Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsame Lösungen für das gesamte Handwerk finden müssen. Für mich war die Zusammenarbeit bislang immer super und sehr konstruktiv.
DHB: Der Wandel im Handwerk, insbesondere durch Digitalisierung, bringt neue Herausforderungen mit sich. Wie kann die Handwerkskammer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestmöglich darauf vorbereiten?
Brüggemann: Im Handwerk ist ständige Fortbildung wichtig. Insbesondere die Digitalisierung verändert unseren Arbeitsalltag zunehmend. Es ist wichtig, sich über die Möglichkeiten zu informieren und dranzubleiben. Auch wir müssen uns mit Künstlicher Intelligenz befassen und Fragen nachgehen: Was kann KI? Wo lässt sich diese Technologie sinnvoll einsetzen? Wie eröffnet man den Zugang dazu? Das Handwerk wird an dem Thema nicht vorbeikommen, sowohl die Organisation mit ihren Serviceangeboten in Beratung und Bildung als auch die Betriebe in der Anwendung für sich und ihre Kunden.
DHB: Liegt Ihnen ein Thema besonders am Herzen?
Brüggemann: Wir gewinnen zu wenig Auszubildende. Das Handwerk muss noch mehr für sich werben. Und auch die Qualität der Ausbildung muss stimmen. Damit fängt schließlich alles an: Wer gut ausbildet, hat später auch gute Leute. Das Handwerk braucht ja qualifizierte Fachkräfte. Dafür müssen wir uns auch bewegen, damit es weitergehen kann. Wir können Jugendlichen durchaus etwas bieten. In unseren Betrieben kann man Bodenständiges und zugleich Zukunftsweisendes lernen.
DHB: Ihre Amtszeit wird bis Ende 2029 dauern. Was wäre dann idealerweise anders als jetzt?
Brüggemann: Ich wünsche mir mehr Anerkennung für das Handwerk und die Berufsausbildung. Die akademische Bildung ist nicht der Olymp der Arbeitswelt. Auch die Praktiker werden gebraucht. Alle verdienen öffentliche Wertschätzung für ihre Leistungen.
DHB: Gibt es ein konkretes Vorhaben, das Sie in die Tat umsetzen wollen?
Brüggemann: Im Rahmen meines Ehrenamtes für die Handwerkskammer ist der geplante Neubau und die Modernisierung ihres Bildungszentrums ein spannendes Thema, das ich intensiv begleiten werde. Die Fertigstellung wird voraussichtlich bis in die nächste Legislaturperiode reichen.
DHB: Was wünschen Sie sich von Politik und Gesellschaft?
Brüggemann: Für das Handwerk wünsche ich mir mehr Förderung. Die akademische und berufliche Bildung sollen gleichwertig sein. Bei der Umsetzung dieses Grundsatzes sehe ich noch Verbesserungsbedarf: Das Handwerk muss sich mehr anstrengen, Fördermittel für die Modernisierung seiner Bildungseinrichtungen zu bekommen als die öffentlichen Hochschulen. Das ist ungerecht. Handwerkerinnen und Handwerker sind systemrelevant. Die gesamtwirtschaftliche Lage ist sehr angespannt. Wir brauchen Investitionsanreize und Impulse besonders für das Bauhandwerk. Wenn das Handwerk funktioniert, dann funktioniert auch die ganze Wirtschaft.

Download
Günther Kremer
Der Handwerksunternehmer aus Velen ist Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Borken und seit November Mitglied der Vollversammlung und des Vorstandes der Handwerkskammer Münster.
DHB: Herr Kremer, was hat Sie persönlich motiviert, sich neben Ihrem Familienbetrieb so umfassend ehrenamtlich für das Handwerk zu engagieren, und wie verlief Ihr Weg in den Vorstand der Handwerkskammer Münster?
Kremer: Den Anstoß gab die Ortskernsanierung in Velen. Als junger Handwerksmeister hatte ich gerade den Betrieb meines Vaters übernommen und stellte fest, dass Verwaltung und Praxis oft unterschiedlich ticken. Das weckte mein Interesse, mich politisch einzubringen. 1984 wurde ich erstmals in den Gemeinderat meines Heimatortes gewählt – heute Stadtrat –, und engagiere mich seither dort auch für die Belange des Handwerks. Der damalige Obermeister ermutigte mich dann, ein Ehrenamt in der Bäckerinnung zu übernehmen, zunächst als Lehrlingswart. Über die Jahre führte mich mein Weg durch die Innungsarbeit bis hin zur Aufgabe als Kreishandwerksmeister und schließlich in den Vorstand der Handwerkskammer.
DHB: Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für das Handwerk?
Kremer: Mein zentrales Anliegen ist die Ausbildung junger Menschen. Es geht nicht um ein persönliches Steckenpferd – das gesamte Handwerk ist auf qualifizierten Nachwuchs angewiesen. Das Handwerk hat unsere Region, etwa den Kreis Borken, durch viele Krisen getragen: Strukturwandel, Finanzkrise, Corona. Jetzt gilt es, das Handwerk weiter zu stärken. Ich möchte dazu beitragen, positive Veränderungen zu erreichen und setze mich mit ganzer Kraft dafür ein.
DHB: In vielen Branchen ist der Nachwuchs- und Fachkräftemangel ein zentrales Thema. Was müsste sich gesellschaftlich und politisch ändern, damit wieder mehr junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk anstreben?
Kremer: Das Handwerk bietet hervorragende Voraussetzungen für eine fundierte Ausbildung. Wir müssen neue Wege finden, um junge Menschen zu gewinnen. Ausbildung ist für mich eine Herzensangelegenheit. Auch für Abiturienten, die später vielleicht studieren möchten, ist eine Ausbildung ein wertvoller Einstieg ins Berufsleben. Das Interesse daran sollte bei den Eltern geweckt werden, Lehrkräfte einbezogen und schließlich bei den Jugendlichen selbst ankommen. Kinder und Jugendliche brauchen mehr direkte Berührungspunkte mit dem Handwerk – leider bleibt ihnen das oft verwehrt. Die mobile Lernwerkstatt »HandwerkerMobil«, die von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und dem zdi-Zentrum Kreis Borken ins Leben gerufen wurde, ist ein tolles Projekt: Schüler können an einem Tag zwei Gewerke ganz praktisch kennenlernen.
DHB: Welche politischen Rahmenbedingungen wären aus Ihrer Sicht besonders wichtig, um das Handwerk zu stärken – sowohl im westlichen Münsterland, im gesamten Kammerbezirk als auch auf Landes- und Bundesebene?
Kremer: Wichtig wäre vor allem ein spürbarer Abbau bürokratischer Hürden und unnötiger Dokumentationspflichten. Viele Regelungen führen zu einem kaum zu bewältigenden Arbeitsaufwand. Man steht morgens auf und weiß schon, dass man mit einem Bein im rechtlichen Graubereich steht, wenn man nicht alles minutiös dokumentiert. Die Bonpflicht war ein Beispiel für eine überzogene Regelung – sie verursachte Kosten, und jetzt folgt der digitale Kassenbon mit neuen Ausgaben. Muss das wirklich alles sein? Besonders kleine und mittlere Betriebe leiden unter dieser Flut an Vorschriften.
DHB: Sie vertreten eine große Vielfalt an Gewerken im Vorstand. Wie gelingt es Ihnen, die Interessen so vieler unterschiedlicher Handwerksbranchen zu bündeln und gegenüber Politik und Gesellschaft zu vertreten?
Kremer: Trotz ihrer Unterschiede haben die Handwerksbetriebe, insbesondere die kleinen und mittleren, viele gemeinsame Anliegen. Die Handwerkskammer setzt sich für all diese Belange ein und pflegt den Kontakt zu übergeordneten politischen Instanzen. So gelingt es, die Vielfalt der Gewerke unter einem gemeinsamen Dach wirksam zu vertreten.
DHB: Wenn Sie an die kommenden Jahre denken: Welche persönlichen Ziele verfolgen Sie noch in Ihrem Ehrenamt, insbesondere bis zum Ende Ihrer Amtszeit im Vorstand 2029?
Kremer: Ein zentrales Ziel ist der Neubau des Bildungszentrums der Handwerkskammer – ein großes und wichtiges Vorhaben, das sorgfältig umgesetzt und solide finanziert werden muss. Ein weiteres Anliegen ist die vergaberechtliche Klärung der Rolle kommunaler Dienstleistungsgesellschaften. Öffentliche Aufträge dürfen nicht an den geltenden Regelungen, etwa der VOB, vorbeivergeben werden. Dafür setze ich mich entschieden ein. Zudem ist es mir besonders wichtig, dass Fachklassen auch in ländlichen Regionen erhalten bleiben – selbst wenn die Schülerzahlen dort sinken. Nur so können Betriebe vor Ort weiterhin ausbilden und Fachkräfte sichern.
DHB: Was würden Sie jungen Handwerksunternehmerinnen und -unternehmern raten, die sich überlegen, ebenfalls ein Ehrenamt zu übernehmen?
Kremer: Ohne das Handwerk läuft nichts. Handwerk und Ehrenamt verdienen mehr gesellschaftliche Wertschätzung. Meine Botschaft ist klar: Das Handwerk hat uns hoch gebracht – halten wir es weiter hoch. Offenheit und Ehrlichkeit sind dabei entscheidend. Man sollte seine Meinung klar äußern, aber nicht über, sondern mit anderen sprechen. Nur so kann man wirklich etwas bewegen.

Download
Rosemarie Ehrlich
Die Handwerksunternehmerin ist Obermeisterin, Kreishandwerksmeisterin der Kreishandwerkerschaft Münster und seit 2019 Mitglied der Vollversammlung und des Vorstandes der Handwerkskammer Münster.
DHB: Frau Ehrlich, was hat Sie ursprünglich ins Handwerk geführt – und was begeistert Sie bis heute daran?
Ehrlich: Nach dem Abitur begann ich 1981 ein Lehramtsstudium für Kunst und Sozialwissenschaften. Ein Jahr später kam der Einstellungsstopp für Lehrer in NRW. Ich wollte nicht in die Arbeitslosigkeit hinein studieren und suchte Alternativen. Ich dachte zunächst an Maskenbildnerin und brauchte dafür eine Friseurausbildung. Mit Abitur und Anfang 20 war es damals schwer, eine Lehrstelle zu finden. Schließlich bot mir eine Meisterin an, direkt ins zweite Lehrjahr einzusteigen. Während der Ausbildung merkte ich, wie viel Freude mir die Arbeit mit Menschen macht. Nach drei Gesellenjahren besuchte ich die Meisterschule und machte mich 1990 selbstständig. Das war ein wichtiger Schritt für meinen weiteren Weg.
DHB: Warum haben Sie sich entschieden, sich ehrenamtlich in der Handwerksorganisation zu engagieren?
Ehrlich: Den ersten Kontakt zur Handwerkskammer hatte ich bei der Eintragung in die Handwerksrolle. Eine Innungsmitgliedschaft war für mich selbstverständlich. Ich wurde zur Innungsversammlung eingeladen und habe den Service, zum Beispiel im Arbeitsrecht, sehr geschätzt. Später wählte man mich in den Fachbeirat. Meine Tochter war damals zwei Jahre alt. Es war nicht immer leicht, Betrieb und Familie mit dem Ehrenamt zu vereinbaren, aber der Austausch mit Kollegen war mir wichtig.
DHB: Was bedeutet für Sie der Einsatz fürs Handwerk?
Ehrlich: Man hat mich immer wieder gefragt, ob ich weitere Aufgaben übernehmen möchte. Meine Haltung ist: »Wenn ich etwas mache, dann richtig.« Dazu gehört, sich durchzusetzen, auch mal unbequem, beharrlich und umsichtig zu sein und allen zuzuhören. Ab der Ebene der Kreishandwerkerschaft geht es nicht mehr nur um den eigenen Beruf, sondern auch um die anderen Gewerke. Mir macht es Freude, die Interessen des Handwerks als Wirtschaftsgruppe zu vertreten. Das erweitert den Horizont und hat mich geprägt.
DHB: Wie gelingt es Ihrer Erfahrung nach, junge Handwerker für ein Ehrenamt zu begeistern?
Ehrlich: Die Zeiten ändern sich, man muss Dinge diskutieren und ausprobieren. Veränderungen sind nicht immer einfach, können aber positiv wirken. Oft treffen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander. Genau das macht für mich den Reiz der Selbstverwaltung aus, und die braucht das Ehrenamt.
DHB: Wie kann eine Kreishandwerkerschaft vor Ort politisch etwas bewirken?
Ehrlich: Die Kreishandwerkerschaft ist in politischen Ausschüssen aktiv. Über Gespräche lernt man die Ansprechpartner in der Verwaltung kennen und den Weg von der Innung zur Kommune. Dieser Austausch ist unverzichtbar für konstruktive Lösungen.
DHB: Könnte es bei Ihrer Doppelfunktion in KH und HWK zu Interessenkonflikten kommen?
Ehrlich: Für mich ist das eher eine sinnvolle Ergänzung. Die Betriebe, die in eine Innung eintreten, gehören auch zur örtlich zuständigen Kreishandwerkerschaft, die Arbeitgeberinteressen vertritt. Die Handwerkskammer deckt ein breiteres Spektrum ab, räumlich und inhaltlich, und vertritt zusätzlich die Interessen der Arbeitnehmerschaft.
DHB: Warum ist das Prinzip der Selbstverwaltung im Handwerk heute noch zeitgemäß und wichtig?
Ehrlich: Selbstverwaltung bedeutet, dass das Handwerk eigene Angelegenheiten in Eigenregie regelt. Es geht um Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung. Das Handwerk kennt seine Aufgaben und Herausforderungen am besten. Wir sind da nicht trotzig, sondern die Selbstverwaltung hat sich bewährt. Solche Momente zeigen den Wert gemeinsamer Verantwortung.
DHB: Welche Bedingungen braucht es, damit auch Selbstständige sich ehrenamtlich engagieren können?
Ehrlich: Ehrenamtlich engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer sind Vorbilder, die über den eigenen Tellerrand hinausblicken und sich für ihren Berufsstand einsetzen. Wenn junge Selbstständige sich dafür interessieren, sollte man sie nicht ins kalte Wasser schubsen. Erfahrene sollten sie begleiten und anleiten. So fühlen sich Neue sicherer. In diese Richtung geht auch meine Idee, kooptierte Vorstandsmitgliedschaften zu ermöglichen. Diese Mitglieder haben zwar kein Stimmrecht, werden aber angehört und können sehen, wie die Arbeit abläuft.
DHB: Wie erleben Sie den Wandel im Ehrenamt?
Ehrlich: Menschen bringen zunehmend unterschiedliche Hintergründe mit. Die Organisationsarbeit kann Brücken bauen und wirkt integrierend. Sie sollte grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeiten stattfinden, damit der Betrieb nicht unter dem Engagement leidet. Online-Formate entlasten bei kleineren Themen. Für wichtige Dinge braucht es aber persönliche Treffen mit besseren Diskussionsmöglichkeiten. Solche Formate stärken das Miteinander. Auch die Junioren des Handwerks fördern den Austausch und bieten einen guten Einstieg.
DHB: Was war für Sie persönlich bisher das prägendste Erlebnis im Rahmen Ihres Engagements in der Kammer?
Ehrlich: Besonders schön finde ich die Meisterfeiern, bei denen die Jungmeister für ihre Mühen gewürdigt werden. Das ist immer eine große Freude und eine Belohnung für alle.
DHB: Welche konkreten Ideen haben Sie, um das Handwerk in der Bildung stärker zu verankern?
Ehrlich: Ich fände es gut, wenn ein gewerbliches Praktikum in allen Schulformen Pflicht würde, auch bei höheren Bildungswegen. Außerdem wäre es sinnvoll, wenn Lehrer selbst Praktika im Handwerk absolvieren würden. Sie würden sehen, dass das Handwerk nicht verstaubt ist, und erleben, wie anspruchsvoll die Arbeit ist. Das motiviert mich bis heute.
